Die Krise der VKB-Verletzungen im Frauenfußball und Was Wir Dagegen Tun Müssen

Der Frauenfußball hat in den letzten zehn Jahren einen enormen Anstieg an Popularität und Professionalisierung erlebt – nicht, dass der Fußball vorher nicht beliebt war, aber die sportlichen Standards haben sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Dieses Wachstum wurde jedoch von einem besorgniserregenden Anstieg der Verletzungen des vorderen Kreuzbandes (VKB) begleitet, selbst im Vergleich zur Verletzungsrate im Männerfußball.

VKB-Verletzungen treten bei Fußballerinnen statistisch häufiger auf als bei Fußballer, sodass dieser alarmierende Trend eine erhebliche Herausforderung für die Nachhaltigkeit und den Erfolg des Frauenfußballs, sowie die langfristige Gesundheit unserer Athletinnen darstellt. Das Verständnis der Gründe für diese Anfälligkeit und die Umsetzung wirksamer Präventionsstrategien durch Kraft- und Techniktraining können einen entscheidenden Unterschied machen.

Was wir damals dachten:

Die Wissenschaft hat in den letzten 30 Jahren versucht, die höhere Inzidenz von VKB-Verletzungen bei Frauen zu verstehen. Das überwältigende Fehlen von sportwissenschaftlicher Recherche an nicht-männlichen Athleten bis in die 2000er Jahre, kombiniert mit den wenigen Ressourcen und dem niedrigen Professionalisierungsgrad des Training und der Behandlung im Frauenfußball, führte zu großen Datenlücken bei dieser Art von Knieverletzungen.

Erste Berichte und Hypothesen darüber, warum Spieler*innen häufiger VKB-Risse erleiden, umfassten:

  • Biomechanische Unterschiede: Da Frauen typischerweise ein breiteres Becken haben, das die Knieausrichtung beeinflussen (dies bezeichnet man als Q-Winkel) und den Stress auf das vordere Kreuzband erhöhen kann, wurde dies als Hauptursache für das VKB-Risiko angesehen. Darüber hinaus zeigen weibliche Athleten häufig unterschiedliche Bewegungsmuster, wie eine größere Knievalgusstellung (Einwärtsknicken des Knies) beim Landen und beim Richtungswechsel (Smith et al., 2012). Aktuelle Forschung widerspricht dem stark als primäre und unveränderliche Grundlage für das Risiko – alle biomechanischen Unterschiede können durch entsprechendes Kraft- und Geschwindigkeitstraining gestärkt und sogar ausgeglichen werden.

  • Hormonelle Einflüsse: Hormonelle Unterschiede zu männlichen Athleten, insbesondere Schwankungen während des Menstruationszyklus, wurden als Einfluss auf die Lockerheit der Bänder und die neuromuskuläre Kontrolle angesehen, was das Verletzungsrisiko potenziell erhöhen könnte. Aktuelle Forschung steht diesem Grund nicht mehr so positiv gegenüber wie noch vor 25 Jahren.

  • Muskuläre Asymmetrien: Frauen haben oft ein relatives Kraftdefizit in den Oberschenkelrückseitenmuskeln im Vergleich zu den Quadrizeps, was zu einem Ungleichgewicht führen kann, das das vordere Kreuzband bei hochintensiven Aktivitäten belastet. Wie sich herausstellt, ist dies im Allgemeinen bei Fußballer*innen, sowohl bei Männern als auch bei Frauen, der Fall und kann durch regelmäßige Leistungsdiagnostik und individuelle Krafttrainingsprotokolle das ganze Jahr über ausgeglichen werden.

Was wir jetzt wissen & was wir tun müssen:

Nach 30 Jahren Forschung wissen wir endlich mehr: Der Schlüssel zur Reduzierung von Kreuzbandverletzungen im Frauenfußball liegt in einem vielschichtigen Ansatz. Geschlechtsunterschiede beim Zugang zu Trainingsanlagen (Kraftraum inkludiert!) und der Optimierung eines dicht gedrängten Spielkalenders, sowie die Auswirkungen von Reisen spielen eine wichtige Rolle bei den Risiken von VKB-Verletzungen bei Männern und Frauen. Ebenso wurden Fußballschuhe, die Qualität der Spielfelder, sowie Größe und Gewicht des Fußballs auf Männer abgestimmt, aber nicht auf die spezifischen Eigenschaften von Frauen zugeschnitten. Vielleicht ist der wichtigste Risikofaktor im Frauenfußball die Diskrepanz in den verfügbaren Ressourcen.

Wir können aber noch agieren: Krafttraining, insbesondere Maximalkrafttraining, neuromuskuläre Kontrolle und Koordination, Belastungssteuerung und angemessene Erholung sind kritische und protektive Faktoren gegen VKB-Rupturen, sowohl bei Kontakt- als auch bei nicht-kontaktbedingten Verletzungen. Durch Investitionen in umfassende Kraft- und Konditionsprogramme können Vereine und Spielerinnen nicht nur die Leistung steigern, sondern auch die langfristige Gesundheit schützen!

Hier sind wichtige Bestandteile eines solchen Programms:

1. Krafttraining

Ein ganzjähriges Krafttrainingsprogramm, im besten Fall individualisiert für jede Spielerin basierend auf Kraft- und Geschwindigkeitsdaten aus quartals- oder halbjährlicher Leistungsdiagnostik, sollte eine Voraussetzung für die Professionalisierung des Frauenfußballs sein. Obwohl Krafttraining ein entscheidender Bestandteil für alle Athlet*innen sein sollte (nahezu alle Sportarten profitieren von der Fähigkeit, mehr Kraft einzusetzen und es schneller zu verlagern!), sollte ein progressiv gesteigertes Kraftprogramm, das Phasen wie Hypertrophie, Maximalkraft und Kraft-Schnelligkeit umfasst, ein wesentlicher Bestandteil jedes athletischen Konzepts im Frauenfußball sein. Athletinnen, die regelmäßig Krafttraining betreiben, zeigen nicht nur eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Verletzungen, sondern haben auch eine geringere Rate schwerwiegender Verletzungen, wenn sie verletzt sind - und können aufgrund der vorhandenen Muskelmasse danach viel schneller wieder ins Spiel zurückkehren!

Eine gestärkte Muskulatur, vor allem durch Steigerung der Maximalkraft, kann die Gelenke vor unerwünschten Bewegungen schützen und die Belastung auf das Knie während Richtungswechseln, Sprints und Landungen verringern. Ein strukturiertes Krafttraining kann auch dazu beitragen, muskuläre Asymmetrien zwischen den Beinen sowie zwischen Vorder- und Rückseite des Oberschenkels zu verringern, Athletinnen bei harten Landungen und Entschleunigungen (inkl. Richtungswechsel) zu unterstützen, die Koordination zwischen Armen, Rumpf und Beinen zu verbessern und zu helfen, nicht-kontaktbedingte Verletzungen zu begrenzen - von denen die Mehrheit laut aktueller Forschung durch mehr Kraft und bessere Koordination vermeidbar ist.

Abschließend erweitern sich die langfristigen Vorteile des ganzjährigen Krafttrainings über die sportliche Karriere und das unmittelbare Verletzungsrisiko hinaus. Krafttraining, insbesondere das Training der Maximalkraft, trägt dazu bei, die gesunde Knochendichte über die gesamte Lebensspanne aufrechtzuerhalten, verringert das Risiko von Symptomen von Osteoarthritis nach dem Ende der Karriere und schützt vor alltäglichen Beschwerden, Schmerzen und Verletzungen!

(Achenbach et al., 2024; Crossley et al., 2020; Nawas et al., 2023 - und mehr!)

2. Belastungssteuerung & Erholung

Der Aufstieg der Popularität des Frauenfußballs führte nicht nur zu einem schnellen Anstieg der Athletik und Intensität im Spiel, sondern auch zu einer signifikant höheren Spielhäufigkeit und weniger Zeit in der Off-Season. Der Spielkalender der europäischen Fußballligen ist bereits voll, und dann kommen noch Turniere wie die Champions League und nationale Meisterschaften hinzu. Zumindest im Sommer gibt es eine 2-3-monatige Pause ... aber dann ist Turniersaison: Spielerinnen, die sowohl in der Liga als auch in der Nationalmannschaft spielen, müssen eine viel höhere Belastung tragen und haben weniger Erholungszeit im Jahr als Spielerinnen, die nicht in der Nationalmannschaft sind.

So widerstandsfähig gegen eine so hohe Belastung zu sein, ist nicht selbstverständlich: Es muss trainiert werden und es muss ausreichend Erholungszeit im Verhältnis zur Belastung geben. Belastungssteuerung, also die sorgfältige Planung und Überwachung von Belastungen (im Training, Wettkampf und Alltag), ermöglicht es Trainer*innen, das Training so zu gestalten, dass es den individuellen Bedürfnissen und Kapazitäten der Spielerinnen entspricht. Dies hilft, Übertraining zu vermeiden, das häufig zu Verletzungen führen kann, und stellt sicher, dass die Athletinnen optimal auf Spiele und Turniere vorbereitet sind.

Ein gut durchdachtes und umgesetztes Erholungsprogramm ist ebenso wichtig, um Verletzungsrisiken zu minimieren. Es ermöglicht den Muskeln und dem Körper, sich nach intensiven Trainingseinheiten, Reisen und Spielen zu regenerieren, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Überlastungsverletzungen verringert wird. Maßnahmen wie ausreichend Schlaf, gute Ernährung, Hydration und dynamisches Dehnen sind entscheidend für eine effektive Erholung.

Aktuelle Studien aus den Sportwissenschaften zeigen, dass eine Kombination aus angemessener Belastungssteuerung und ausreichender Erholung die Verletzungsrate signifikant senken kann. Athletinnen, die diesen Ansatz verfolgen, zeigen nicht nur weniger Verletzungen, sondern auch eine verbesserte Leistungsfähigkeit über Jahren. Darüber hinaus fördert dieser Ansatz die langfristige Gesundheit, indem er das Risiko von chronischen Beschwerden und degenerativen Erkrankungen, wie Osteoarthritis, minimiert.

(Soligard et al., 2016; Gabbett, 2015)

3. Technique Training

Technisches Training ist zweigeteilt:

Einerseits benötigen wir regelmäßiges, hochqualitatives Schnelligkeitstraining, das Sprints zur Verbesserung der Beschleunigungsphase und maximalen Geschwindigkeit, sowie das Training der Sprinttechnik umfasst. Zusätzlich sollten Bewegungen wie Landungen (ein- und beidbeinig), Richtungswechsel (in allen Richtungen) und allgemeine Entschleunigung von Sprints regelmäßig im Training behandelt werden, um die richtige Technik aufrechtzuerhalten, selbst bei Ermüdung. Studien von 2020-2024 zeigen glasklar, dass nicht-kontaktbedingte VKB-Verletzungen im Männer- und Frauenfußball in solchen Szenarien auftreten. Auch das Kurvensprinten und das Sprinten mit abgewandtem Oberkörper und Blick sind wichtige Elemente des Spiels, die trainiert werden müssen, da sie ein deutliches Verletzungsrisiko bergen!

Zweitens ist es wichtig, grundlegende sportspezifische Techniken in regelmäßigen Abständen zu trainieren. Dies sollte die Arbeit mit dem Ball umfassen (z.B. erster Ballkontakte, besonders bei hoher Geschwindigkeit) und das Passspiel, 1v1-Körperkontakt und Tackling, da aktuelle Daten zeigen, dass diese Situationen ein direktes Risiko für das VKB darstellen.

(Lucarno et al., 2021, Achenbach et al., 2024)

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